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Hans Reimann: "Bedrucktes Papier." In: Kobolz.
Leipzig: Kurt Wolff Verlag, 1917, pp. 1-2.





Hans Reimann

Bedrucktes Papier

 

Vor mir liegt ein weißes Blatt Papier.  ~
O du weißes Blatt Papier!
Du liegst unter meinen Augen  ~  wehrlos, unschuldig, schön. Glatt bist du und ohne Makel. Wie sollt' ich dich beschreiben?
Ich beschreibe dich nicht.
Ich wage nicht, dich zu beschreiben.
Du bist so weiß!
O du weißes Papier!
Was ist dir?
Und was ist mir??
~  ~  Ich starre auf das leere Blatt und lese Sätze  ~  wie von meiner Hand geschrieben.
Bin ich irre? Spukt es mir an?
Ich lese Sätze, die ich nie geschrieben; ich lese Sätze, die ich nie gedacht.
Hier stehen sie gedruckt, wie ich sie sah.
Das Blatt jedoch ist weiß wie Schnee.
Vor meinen Augen flirrt's.
Der grause Schrecken faßt mich an, mich schüttelt's wie im Fieber:
Mit langen Beinen, ekel angehaarten, stolziert ein giftig grünes Hirngespinst quer über meinen weißen Bogen.
Und er, der eben leer, ist vollgekrakelt.
Mir bleibt es, in die Druckerei zu schicken, was drauf steht.
Ich tu's.